Diese Kurzgeschichte habe ich für eine Freundin geschrieben, ohne die ich während des Unterrichts wahrscheinlich verrückt geworden wäre! ;)
Danke an dich, Sandra und lass dich noch gut feiern!
Danke an dich, Sandra und lass dich noch gut feiern!
Dumpf wummerten die
Schläge in seinen Ohren. Alle anderen Geräusche wurden gnadenlos
davon übertönt. Und mit einem Mal tauchten aus der Schwärze vor
seinen Augen verschwommen die Bilder der Vergangenheit auf:
Er hatte SIE gefunden. Aus der schier unendlichen Masse von Menschen
hatte er sie entdeckt und es nach langen, mühsamen versuchen
geschafft, sie an sich zu binden. Doch selbst, als er ihr den Ring an
den Finger gesteckt hatte, wusste er, dass sie beide keine Ruhe haben
würden. Der Kampf dauerte unerbittlich an. Er war Paris, sie war
Helena, sein Leben war Troja. Er hatte sich mit einem Herrscher
angelegt, der mächtiger war, als er selbst und nur würde er dafür
büßen müssen.
Angefangen
hatte der Terror nach der Hochzeit damit, dass sie erkrankte und
obwohl er sonst nicht mittellos gewesen war, niemand bereit gewesen
war, sie zu behandeln. Das Krankheitsbild hatte sich immer weiter
verschlechtert. Er sah ihr Glück schon durch seine Finger rinnen,
als sich in letzter Minute die Möglichkeit bot, nach Europa zu
fliehen. Er legte ihnen beiden eine neue Identität zu, verkaufte
alles, was er noch hatte und behielt es in bar bei sich, weil er
fürchtete, die Schergen und Schmiergelder des Dritten würden die
Kooperation seiner Bank beeinträchtigen.
So
kamen sie gehetzt und eingeschüchtert aber nicht gebrochen in Europa
an. Er mietete eine Wohnung in einer kleinen Küstenstadt und suchte
nach Arbeit, was ihm dank seiner Qualifizierung schnell gelang. Mit
unendlicher Erleichterung stellte er fest, dass sich ihr Zustand
langsam, aber konstant verbesserte. Aber jede kleine Unregelmäßigkeit
in ihrem scheinbar perfektem Leben erregte ihrer beider Argwohn. Wie
gehetzte Tiere schärften sie ihre Sinne auf alle möglichen
Anzeichen darauf, dass ihre Vergangenheit sie in Form des Dritten
eingeholt hatte. Das verhinderte aber auch, dass alle Kontakte, die
sie knüpften und die ihnen womöglich geholfen hätten auf lange
Sicht hin verloren gingen.
Ihre
Sorge ging sogar so weit, dass er sich bereit erklärte ihr eine
Waffe zu besorgen. Sie nahm einige Stunden am Schießstand und
irgendwann zitterten ihre Hände nicht mehr, wenn sie die Waffe in
die Hand nahm. Er selbst hasste sich dafür, dass er ihr dieses Leben
zumuten musste und stellte mit Erschrecken fest, dass sie sich
verändert hatte. Die unschuldige, fast heitere Sorglosigkeit war
einer kalt glühenden, zur Resignation tendierenden Wut gewichen, die
ihren Blick fest und ihre Bewegungen raubtierhaft werden ließ.
Auch
wenn sie so längere Zeit in Frieden lebten, dachte keiner von beiden
auch nur eine Sekunde daran, die Deckung sinken zu lassen. Im
Gegenteil. Er hatte bereits alle nötigen Vorbereitungen getroffen,
um beim kleinsten Anzeichen sofort unterzutauchen und alles was sie
sich aufgebaut hatten zurück zu lassen. Doch alles blieb still.
Vorerst.
Mittlerweile
hatte sie sich vollständig erholt und er hatte es geschafft, einen
Job in derselben Firma wie er für sie zu organisieren. Also gingen
sie jeden Morgen gemeinsam zu Fuß zur Arbeit. Aber eines Morgens
schlug der Dritte unvermittelt zu. Es war die Tage vorher sehr heiß
gewesen, doch dieser Morgen war drückend und trug bereits alle
Anzeichen eines Gewitters in der Luft. Dumpf grollte der Donner und
Wolkenberge türmten sich schwarz und gelb wie Schwefel am Himmel.
Beide
hatten das Haus verlassen und liefen zügig durch dich Straßen, um
noch trocken zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. So kam es, dass er
nur mit einem flüchtigen Kontrollblick auf die Straße trat, um die
Seite zu wechseln. Zu spät sahen beide den matt schwarzen Wagen, der
mit aufheulendem Motor auf sie zusteuerte.
Erschrocken
riss er die Augen auf und drehte sich zu dem Fahrzeug um. Sie schrie
auf und beobachtete fassungslos, wie der Wagen ihn ungebremst
erfasste. Sein Körper knickte an der Hüfte ein, sein Oberkörper
schlug auf der Motorhaube auf, während seine Beine nach oben
geschleudert wurde. Er rutschte über das Dach und landete brutal auf
dem Asphalt. Das Auto raste noch ein Stück weiter, blieb dann aber
mitten auf der Straße stehen.
Sie
lief zu ihm; er lebte noch.
Die Bilder wurden immer
heller und verschwammen, das Dröhnen wurde lauter. Er blinzelte, um
besser sehen zu können und blickte in ihr Gesicht. Er hörte seinen
Herzschlag, hörte wie der Muskel fast verzweifelt versuchte, seine
zerquetschten Organe mit Blut zu versorgen. Sie saß über ihm und
schrie irgendetwas, doch er konnte sie nicht hören. Eine
unglaubliche, lähmende Kälte befiehl seine Glieder. Er wollte dich
bewegen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht; das Einzige was er
spürte war diese erschöpfende Kälte, die ihn in eisernen Klauen
hielt. Er hörte das Blut durch seinen Körper strömen, doch da war
noch etwas anderes. Mit dem Versuch, sich darauf zu konzentrieren,
bemerkte er, dass es ihre Stimme war. Sie sprach mit ihm, flehte ihn
an, sich nicht der Müdigkeit hinzugeben.
Fast zärtlich redete sie
mit ihm, nahm seinen Kopf in beide Hände. Ihre Haut an seiner war
die einzige Wärme, die er noch in seinem Körper finden konnte.
Doch plötzlich wirbelte
sie herum und schrie markerschütternd auf. Alle Wut, all ihr Hass
lag in diesem Schrei. Sie stand auf, riss die Waffe aus dem
verstecktem Holster und feuerte mehrere Male. Es folgte ein
erstickter Schrei und dann das grausame Echo ihrer eigenen Schüsse.
Ein Ruck lief durch ihren Oberkörper.
Sie schaffte es noch,
sich zu ihm umzudrehen und ihm in die Augen zu blicken. Ein tiefroter
Fleck breitete sich rasch auf ihrem Oberteil aus. Sie nahm sein
Gesicht in die Hände und eine Träne fiel auf seinen Brustkorb. Dann
wurden ihre Augen leer und sie sank auf ihn herab.
Das letzte bisschen Wärme
wich aus ihm und sein Herzschlag drang erneut an seine Ohren, diesmal
aber langsamer, fast schleppend. Und mit einem Mal war die Dunkelheit
sanft, die Schwärze zart und samten, als sei nichts Schlechtes
daran. Er war so müde...
Dankbar ließ er sich in
die Finsternis fallen, als sei sie eine alte Gefährtin und sie
hüllte ihn ein und verschlang ihn.